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Porsche versucht den Rekord von Stefan Bellof zu knacken

Fans von Stefan Bellof haben sich gefragt, wieso unsere dem Andenken an Stefan gewidmete Website bisher keine Stellungnahme zum Vorhaben von Porsche abgegeben hat, den Rekordversuch am Nürburgring betreffend. Der Stuttgarter Sportwagenbauer plant, die von Stefan Bellof am 28. Mai 1983 im Rahmen des offiziellen Abschlusstrainings zu den ADAC 1000 Kilometern vom Nürburgring gefahrene Zeit von 6:11,13 Minuten auf der Nordschleife zu toppen. Die Rekordrunde auf der wegen den Bauarbeiten zum Grand Prix-Kurs geringfügig auf 20,835 Kilometer verkürzten Strecke fuhr Stefan Bellof mit einem Porsche 956 – ein Thema, das wir im Zusammenhang zum 35. Jahrestag dieses bis heute gültigen Erfolgs mehrfach behandelt haben. Porsche will nun den Versuch unternehmen, mit einem sogenannten Porsche 919 Hybrid Evo schneller zu sein als Stefan Bellof. Der 919 Hybrid Evo hat bei einem Versuch in Spa-Francorchamps bewiesen, was er kann: Mit 1:41,770 Minuten war er gemäß der Bekanntmachung von Porsche vom 09. April 2018 schneller als die aktuelle Formel 1 dort fährt. Doch die Unterstützung der Familie Bellof, die hat der neuerliche Rekordversuch entgegen anders lautender Meldungen jedoch nicht.

Fahren soll den Rekordversuch Porsche-Werksfahrer Timo Bernhard, der zu den bekennenden Fans von Stefan Bellof zählt. Der Gewinner der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft 2015 und 2017 sowie zweimalige Le-Mans-Sieger kennt den Porsche 919 Hybrid aus seiner Zeit in der LMP1 ebensogut, wie die Nürburgring-Nordschleife, auf der Bernhard von 2006 bis 2011 fünf Gesamtsiege beim dort ausgetragenen 24 Stunden-Rennen einfuhr. Bernhard und Porsche fuhren am Tag nach dem Rock am Ring-Festival bereits erste Tests. Zu denen war zu lesen, dass sich der Rennfahrer an das gewaltige Abtriebsniveau des 919 Hybrid erst gewöhnen musste. Der 919 habe teilweise kurvige Bereiche zu Geraden verwandelt, was einen nahezu strategischen Umgang mit dem Gaspedal erfordere, um jederzeit die optimale Aerobalance zu sichern. Bernhard sprach im Anschluss gegenüber Motorsport-Total.com weiterhin von "enormen Anstrengungen körperlicher und mentaler Art".

Mit denen auch Stefan Bellof fertig werden musste, als er im eingangs erwähnten, offiziellen Abschlusstraining die Rekordrunde fuhr: Mit einem Durchschnittstempo von 202,0 Kilometern pro Stunde ist bis heute Bellof der schnellste Mensch, der jemals auf der Nordschleife unterwegs war – trotz zweier kleiner Fehler, wie er selbst gegenüber dem Motorsportjournalisten und damaligem Streckensprecher Rainer Braun zugegeben hat. Und trotz des Verkehrs auf der Nordschleife, was uns zu der Begründung überleitet, aus der die Familie Bellof den Versuch eben nicht unterstützt: Stefan fuhr die Rekordrunde inmitten einer Qualifikations-Sitzung, an der auch viele andere Fahrzeuge teilgenommen haben; 39 Autos bewarben sich um einen Startplatz. Porsche versucht jetzt, die Zeit in einer Art Laborversuch zu toppen: Ohne jedes andere Auto auf der Strecke, klinisch vorbereitet und dazu mit einem Fahrzeug, das nicht dem Reglement entspricht.

Porsche 919 hybrid Evo nicht wettbewerbskonform

Denn der Porsche 919 Hybrid Evo ist aller Beschränkungen der Zulassungsbestimmungen zur Teilnahme an einem Rennen der LMP1 – der Klasse, in dem seine Vorgänger erfolgreich Le Mans dominiert haben – beraubt: Durch einen größeren Frontdiffusor, einen breiteren Heckflügel, Verwendung eines DRS-Systems und weitere Maßnahmen kann er einen um 53 Prozent höheren Anpressdruck erzeugen, als die Versionen, mit denen Timo Bernhard zwei Mal in Le Mans gewann. Der Verbrennungsmotor wurde nicht weiterentwickelt, aber durch eine vergrößerte Durchflussmenge konnte die Leistung von 370 kW / 503 PS auf 535 kW / 727 PS gesteigert werden. Zusätzlich konnten die Energierückgewinnungssysteme mehr Energie während des Bremsens erzeugen, wodurch die Leistung des Elektromotors auf 328 kW stieg. Das Fahrwerk wurde an die schnellere Geschwindigkeit angepasst: Die Radträger vorne und hinten wurden verstärkt und die Kraft der Servolenkung erhöht. Das Gewicht des Wagens wurde um 39 Kilogramm gesenkt, in dem auf nicht benötigte Teile verzichtet wird.

Klimaanlage, Scheibenwischer, Elektronikeinheiten, Lichtanlage und die Wagenhebervorrichtung fallen weg. Des Weiteren hat Michelin eine neue Reifenmischung für das Fahrzeug entwickelt. Mit diesem 919 Hybrid Evo könnte kein Mensch der Welt an einem zur FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft zählenden Rennen teilnehmen; neben der von Konkurrenten künstlich befreiten Nordschleife also der zweite Teil dieses Laborversuchs der nicht dazu geeignet ist, den Rundenrekord zu Qualifikationsbedingungen von Stefan Bellof zu toppen. Um dies zu tun, müsste die FIA mit den heute bekannten Autos aus Le Mans wieder auf der Nordschleife antreten: Das wird nie geschehen und deswegen ist der Rekordversuch von Porsche eine für sich stehende Fahrt aus der Retorte und sportlich nicht mit der Rekordrunde von Stefan Bellof im Porsche 956 mit seinen rund 600 PS vergleichbar. Die Frage, weswegen Porsche den eigenen Rekord toppen will, bleibt daher unbeantwortet.

Keine Unterstützung durch die Familie Bellof

Dass im Sport ein Rekord purzeln kann, das weiß auch die Familie Bellof. Irgendwann wird jemand kommen, der Michael Schumachers Rekord von sieben Weltmeisterschaften einstellt und die achte WM einfährt, so wie Lewis Hamilton jetzt mehr Pole Positions holte als Schumacher, aber das alles eben unter sportlich vergleichbaren Bedingungen. Nur wenn Toyota & Co. zu einem 1000 Kilometer-Rennen auf der Nordschleife antreten, könnte jemand Stefan Bellofs Rekord toppen. Dies wird dort nie passieren, weil die 1927 eröffnete Rennstrecke für die Langstrecken-Weltmeisterschaft und die Formel 1 nicht mehr sicher genug und damit diesbezüglich nicht in Gebrauch ist. Aus diesem Grund unterstützt die Familie Bellof den Versuch von Porsche nicht. Entsprechende Meldungen in der Presse sind falsch. Die Familie Bellof hat dazu kein offizielles Statement abgegeben und wurde vor Bekanntmachung des Laborversuchs von niemandem dazu befragt.

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